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Grauverlaufsfilter in der Landschaftsfotografie

In der analogen Fotografie waren Filter unersetzlich, denn die Fotos mussten zum Zeitpunkt der Auslösung immer korrekt belichtet sein. Moderne Spiegelreflexkameras oder spiegellose Kameras bieten heute deutlich mehr Möglichkeiten. Zudem erlaubt die Bildbearbeitung mit Programmen wie Lightroom nachträgliche Korrekturen. Deshalb hörst du in der heutigen Zeit öfters mal, dass es keine Filter mehr braucht. Vor allem in der Landschaftsfotografie sind diese aber nach wie vor ein wichtiges Instrument. Sie helfen dir, schwierige Lichtsituationen zu meistern oder spezielle Effekte zu erzielen.

Hier auf dem Blog gibt es bereits Tipps für die Verwendung von Graufilter und Polfilter. In diesem Artikel erfährst du alle Details zur Verwendung vom dritten wichtigen Filter, dem Grauverlaufsfilter. Wir erklären dir, was ein Grauverlaufsfilter ist, welche Wirkung dieser Filter hat, gehen auf die Grauverlaufsfilter Anwendung ein und informieren dich, welche Stärke und welches Aufstecksystem sinnvoll ist.   

Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang auf den Äusseren Hebriden, Schottland
Nikon Z7II, f/9, 2s, ISO 200 | mit Grauverlaufsfilter 0.9 soft

Was sind Grauverlaufsfilter?

Der Grauverlaufsfilter wird auch GND-Filter genannt, also Graduated Neutral Density Filter. Dieser Filter ist eine Glas- oder Kunststoffscheibe, die man vor das Objektiv schraubt oder in ein Haltersystem steckt. Der Grauverlaufsfilter ist ein Graufilter (ND-Filter), der zum einen Ende hin ganz transparent wird. Dieser Filter dunkelt damit den Himmel gegenüber dem Vordergrund ab oder gleicht starke Helligkeitsunterschiede zwischen Himmel und der Landschaft im Vordergrund aus.

Wieso braucht es Verlaufsfilter?

Der Grauverlaufsfilters bringt in seiner Anwendung in der Landschaftsfotografie einen entscheidenden Vorteil. Das menschliche Auge kann Helligkeitsunterschiede nämlich viel genauer wahrnehmen als moderne Kameras. Bei einem grossen Dynamikumfang sind extreme Helligkeitsunterschiede und zahlreiche Kontraste vorhanden. Die korrekte Belichtung und Abbildung aller Einzelheiten sind dann für fast alle Kameras schwierig.

Bei grossen Helligkeitsunterschieden, wie zum Beispiel bei einem Sonnenaufgang oder -untergang, können beim Fotografieren ohne Grauverlaufsfilter wichtige Details am Himmel oder im Vordergrund verloren gehen. Je nach Belichtung ist ohne Filter entweder der Himmel überbelichtet oder der Vordergrund unterbelichtet. Diese wichtigen Details können selbst beim Fotografieren im RAW-Format im Nachhinein nicht mehr komplett korrigiert werden, weil wichtige Dateiinformationen einfach verloren sind. 

Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang Dingle Peninsula, Irland / ohne Grauverlaufsfilter
Fujifilm GFX50II, 23mm f4, f16, 2.5s, f/8, ISO 50

Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang Dingle Peninsula, Irland / mit Grauverlaufsfilter GND 0.9 soft (und Graufilter)
Fujifilm GFX50II, 23mm f4, f/16, 8s, ISO 200

Ersetzt die Bildbearbeitung den Grauverlaufsfilter?

Die Bildbearbeitungs-Software simuliert das Ergebnis des Grauverlaufsfilters mit einer Belichtungsreihe. Mit diesem High Dynamic Range Image (HDRI) machst du mehrere Fotos mit unterschiedlichen Belichtungszeiten. In einem Foto ist der Himmel perfekt abgelichtet, im zweiten Foto liegt der Belichtungsfokus auf dem Vordergrund. In der anschliessenden Bildbearbeitung fügst du diese Fotos dann zu einem perfekten Gesamtwerk zusammen. Das Ergebnis ist im besten Fall ein vom Bildbearbeitungs-Programm generiertes HDR-Bild, dem man nicht mehr ansieht, dass es aus mehreren Fotos entstanden ist.

Das digitale Kunstwerk kann aber auch misslingen und schnell übertrieben wirken. Zudem können kleine Veränderungen, wie zum Beispiel Wellen im Vordergrund, das Zusammensetzen der Bilder schwierig machen.

Mit der Grauverlaufsfilter Anwendung bist du auf der sicheren Seite und siehst auch unmittelbar nach dem Auslösen das Resultat deiner Arbeit. Da das Foto mit diesem Filter bereits bei der Aufnahme korrekt belichtet ist, sparst du dir zudem viel Zeit bei der Nachbearbeitung.

Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang auf den Lofoten, Norwegen / HDR Bild mit 3 Bildern (Lightroom)
Fujifilm GFX100s, 23mm f4, f/11, 2.5s, ISO 125

Die Wellen fliessen bei jedem der drei Bilder etwas anders. Durch das Zusammenfügen der Bilder gehen die Strukturen und Linien der Wellen verloren, da alle drei übereinander gerechnet werden. 

Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang auf den Lofoten, Norwegen / mit Grauverlaufsfilter GND 0.9 soft
Fujifilm GFX100s, 23mm f4, f/11, 2.5s, ISO 125

Durch das Verwenden eines Grauverlaufsfilters bei der Aufnahme werden die Linien der Wellen beibehalten. 

Welche Arten von Verlaufsfiltern gibt es?

Grauverlaufsfilter gibt es genauso wie Graufilter in verschiedenen Stärken und Übergängen. Es gibt Soft GND Filter, Medium GND Filter und Hard GND Filter. Diese Filter variieren beim unterschiedlich harten oder weichen Übergang vom dunklen zum transparenten Bereich. Beim Reverse GND Filter beginnt der Grauverlauf nicht am oberen Filterrand, sondern in der Filtermitte und wird nach oben wieder heller.  

Je nach Situation braucht es eine stärkere oder schwächere Lichtreduktion für das perfekte Foto. Es kommt also darauf an, wie lange man belichten möchte, welche Blende man verwendet und wie viel Tageslicht vorhanden ist. Die Grauverlaufsfilter in den unterschiedlichen Stärken können auch kombiniert werden.

Je nach Hersteller haben die verschiedenen Stärken der Grauverlaufsfilter unterschiedliche Bezeichnungen. Meist handelt es sich dabei um die abgestufte Neutraldichte oder den Verlängerungsfaktor der Belichtungszeit. Das kann teilweise etwas verwirrend sein. Hier eine kleine, einfache Übersicht der gängigsten Stärken.

Neutraldichte beim Grauverlaufsfilter (GND)Durchlässigkeit des LichtsVerlängerungsfaktor BelichtungszeitBlendenstufen
GND 0.350%2-fach1
GND 0.625%4-fach2
GND 0.912.6%8-fach3
GND 1.26.3%16-fach4
Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang auf den Lofoten, Norwegen / mit Grauverlaufsfilter 0.9 soft
Fujifilm GFX100s, 32-64mm f4, f/8, 1/50s, ISO 800

Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang auf den Lofoten, Norwegen / mit Grauverlaufsfilter 0.9 hard
Fujifilm GFX100s, 32-64mm f4, f8, 1/50s, ISO 800

Durch den harten Verlauf dieses Filters ergibt sich ein unschöner Übergang. Grauverlaufsfilter mit hartem Verlauf eignen sich in der Regel nur für Bilder mit einem sauberen Horizont. 

Grauverlaufsfilter Anwendung

Mitternachtssonne in der Arktis / mit Grauverlaufsfilter 0.6 hard
Nikon Z7II, f/13, 1/500s, ISO 500

Eine Szene mit einem sauberen Horizont. In solch einer Situation kann ein harter Grauverlaufsfilter sinnvoll sein. 

Schraubfilter oder Steckfilter?

Beim Einsatz von Grauverlaufsfilter hast du die Wahl zwischen Schraubfilter und Steckfilter.

Die Vorteile von Schraubfilter sind die günstigeren Anschaffungskosten und das einfache Handling. Zudem sind Schraubfilter dicht und die Lichteinstreuungen klein.

Schraubfilter lassen sich aber nur schwierig mit anderen Filtern kombinieren. Die Flexibilität ist zudem eingeschränkt, da der Horizont immer in der Mitte ist. Ein weiterer Nachteil von Schraubfilter ist, dass der Filter je nach vorhandenen Objektiven in verschiedenen Grössen gekauft werden muss.

Mit einem Steckfilter bist du sehr flexibel bei der Nutzung verschiedener Objektive. Dank Adapterringen können die Filter für verschiedene Objektivgrössen eingesetzt werden. Der Steckfilter erlaubt die gleichzeitige Verwendung von verschiedenen Filtern. Du hast auch Flexibilität bei der Wahl des Horizonts und das Handling des Polfilters ist durch das Drehrad sehr praktisch.

Verglichen mit einem Schraubfilter ist der Steckfilter teurer. Das Handling braucht etwas Übung und dieses Filter-System braucht mehr Platz in deinem Gepäck. Die Dichte ist ein weiterer Nachteil und die Gefahr für Lichteinstreuungen höher. 

Unser Tipp: Da der Horizont in der Landschaftsfotografie nur selten genau in der Bildmitte liegt, empfehlen wir ambitionierten Fotografen ein Steckfilter-System. Damit bist du auch bei der Verwendung von weiteren Filtern wie Graufilter oder Polfilter flexibel. 

Grauverlaufsfilter Anwendung

Sinnvolle Grundausrüstung von Grauverlaufsfiltern

Die Auswahl an Fotofiltern ist gross. Die Filter mit hartem Verlauf braucht man eher selten, weil für diese Filter der Horizont ziemlich gerade sein muss und keine Berge, Bäume oder anderes im Bildausschnitt sein darf.

Für deine Grundausstattung empfehlen wir dir für den Start mindestens einen Grauverlaufsfilter 0.9 soft. Bei Bedarf sind der Kauf von zwei weiteren Grauverlaufsfilter 0.3 soft und 0.9 soft sinnvoll. Diese kannst du bei der Verwendung eines Steckfilter-Systems auch kombinieren und erhältst 1.2 soft.

Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang Plitvice Nationalpark, Kroatien / ohne Grauverlaufsfilter
Nikon D850, 24-70mm f2.8, f/11, 14s, ISO 100

Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang Plitvice Nationalpark, Kroatien / mit Grauverlaufsfilter GND 1.2 soft
Nikon D850, 24-70mm f2.8, f/11, 1s, ISO 100

Schritt für Schritt zum gewünschten Foto mit dem Grauverlaufsfilter

  1. Verwende ein stabiles Stativ und einen Fernauslöser.
  2. Aktiviere bei deiner Spiegelreflexkamera die Spiegelvorauslösung
  3. Schalte den Bildstabilisator aus
  4. Wähle Deinen Bildausschnitt
  5. Messe Deine Belichtungszeit bei der gewünschten Blende
  6. Mit Autofokus scharf stellen und anschliessend Autofokus ausschalten. Oder alternativ manuell scharf stellen.
  7. Kontrast einschätzen für die Entscheidung, welcher Grauverlaufsfilter sinnvoll ist
  8. Graufilter am Objektiv anbringen oder festschrauben
  9. Belichtungszeit eventuell nochmals anpassen (auf die Lichtwaage und / oder das Histogramm achten)
  10. Mache eine Aufnahme und überprüfe die Belichtung anhand des Histogramms.
Grauverlaufsfilter Anwendung

Sonnenuntergang in Howth bei Dublin, Irland
Fujifilm GFX50sII, 23mm f4, f/13, 25s, ISO 100 | mit Grauverlaufsfilter 0.9 soft

Praxistipps

Achte auf die folgenden Punkte, wenn Du ein Foto mit dem Grauverlaufsfilter machst:

  • Wenn dein Histogramm sowohl links wie auch rechts am Rand hochfährt, ist das ein gutes Zeichen, dass nun ein Verlaufsfilter helfen könnte.
  • Positioniere den Verlaufsübergang des Filters ungefähr entlang des Horizonts. Wenn du den Grauverlaufsfilter zu tief nach unten schiebst, verliert er den Effekt, da das ganze Bild abgedunkelt wird.
  • Bei längeren Verschlusszeiten unbedingt den Bildstabilisator ausschalten, da dieser eventuell zu Verwacklungen und somit zu Unschärfe führen kann.
  • Vorsicht in den Bergen oder in Schluchten. Wenn du nur ein kleines Stück Himmel hast, das links und rechts von Bergen oder Felsen eingerahmt wird, dunkelt der Grauverlaufsfilter diese unter Umständen zu fest ab. Im Zweifelsfall ohne Verlaufsfilter fotografieren.
  • Vorsicht bei Billigprodukten! Falls Du ernsthaft in die Fotografie mit Grauverlaufsfiltern einsteigen möchtest, empfehlen wir gleich von Anfang an in qualitativ hochstehende Grauverlaufsfilter zu investieren. Billige Filtersets verfügen meist über sehr schlechte Qualität mit grossen Farbverfälschungen, Lichtdurchlässigkeit und mehr. Wir empfehlen zum Beispiel das Nisi Filterset. Bei diesem Steckfilter-System hast du alle wichtigen Filter mit dabei (1 Polfilter, 1x Grauverlaufsfilter, 2x Graufilter) sowie alle gängigen Adapterringe für Objektivumfang 67, 72, 77 und 82mm. 

Mit diesen Infos und Details bist du bestimmt bestens ausgerüstet für die Grauverlaufsfilter Anwendung. Probier es einfach aus und du wirst bestimmt ganz bald eindrucksvolle Ergebnisse haben. Wir wünschen dir viel Spass mit diesem Filter und viele tolle Fotos.

Bilder in diesem Beitrag: Jennifer Brühlmann

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